Über die Trinität (Lehre von der Dreieinigkeit)
Die Frage
F.P. aus G. schrieb im November 2004 unter die Bezugnahme auf das Glaubensbekenntnis unserer Gemeinde:
Guten Abend Ansgar! […] Wie ist das mit der Dreieinigkeit? Wissen alle alles? Alle sind doch Gott (Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist) und Gott weiß alles!? Warum gab Gott dann (s. Offb 1,1) Jesus die Offenbarung, obwohl dieser sie schon kannte? Wenn er sie schon kannte, dann könnte das „Geben“ doch als „Auftrag geben“ interpretiert werden, oder? ⇒ Gott gab seinem Sohn den Auftrag einen Engel mit der Offenbarung an Johannes zu schicken? Wie ist es mit der Allmächtigkeit? Es sind doch alle allmächtig. […] dein F.
Die Antwort
Deine Frage ist keine „kleine Frage“, sondern eher komplex. Ich freue mich, wenn Menschen über Gott nachdenken und etwas Besseres kannst du mit deiner Zeit wirklich nicht anstellen! Weiter so!
Wir haben ins Credo einen Satz von Eduard Böhl (1887) übernommen. Im Grunde genommen scheint er mir die Antwort auf deine Frage zu sein:
Wir können nicht ohne mit unserem Verstande anzustoßen, zugleich die Einheit des Wesens und die Dreiheit der Personen festhalten
Im ganzen Credo ist dies das einzige externe Zitat – nicht ohne Grund. Ich denke, es ist einfach so, dass Gott uns eben nicht alles geoffenbart hat. Ja, er hat uns alles geoffenbart, was zum Leben und zur Gottseligkeit dient (2Petr 1,3) – aber er hat uns nicht JEDES Wissen offenbart – und das bezieht u.a. das Miteinander der Dreieinigkeit ein. Wir können also nur hingehen und das Zeugnis der Schrift wahrnehmen: Drei Personen, verschiedene, aber nicht 100% voneinander abgegrenzte Tätigkeiten, eine gewisse Ordnung der Personen (der Heilige Geist weist auf Jesus hin, dieser weist auf den Vater hin), ohne dass man hieraus aber im menschlichen Sinne eine Rangordnung ableiten dürfte. Auch scheint mir manches vom Verhalten Jesu auf Erden zu Vorbildzwecken für uns zu geschehen, evtl. hat er sich während seines Fleischseins selbst gewisser Fähigkeiten beschnitten, die er sonst unzweifelhaft hatte… Auch wird der Heilige Geist in der Schrift nicht angebetet – wohl aber Jesus (siehe Thomas) und natürlich der Vater. Ich nehme dieses Zeugnis und wende es an, ohne es schlussendlich erklären zu können. Ich denke aber, dass sich gerade darin auch ein Gottvertrauen ausdrücken kann, dass wir sein Wort beim Wort nehmen – selbst wenn wir es nicht immer erklären können. Vielleicht kann man das mit der Herangehensweise der Propheten vergleichen (1Petr 1, 10ff): Obwohl sie keinen Dunst hatten, was das bedeutete, was sie weissagten, gaben sie die Prophezeiungen dennoch weiter: Sie nahmen das Wort, wie es gegeben war, verkündeten es und versuchten (anschließend!), ihren Sinn zu ermitteln… und nach einiger Zeit zeigte Gott Erbarmen und erklärte ihnen, dass sie etwas für die Zukunft weissagten, etwas, das sie jetzt eben noch nicht verstehen konnten.
Ich habe dir, für dein weiterführendes Studium des Themas, einige Kopien beigelegt. Sie stammen aus dem meiner Meinung nach exzellentesten deutschprachigen dogmatischen Werk: Eduard Böhl. Dogmatik (1887). Neuhausen/Stuttgart: Hänssler-Verlag, 1995. Es ist dort leider –durch die Hänssler-Pleite- vergriffen und wird nicht neuaufgelegt. Thomas Schirrmacher, der das Buch seinerzeit wieder verfügbar machte, hat es nun in seinem Verlag für Kultur und Wissenschaft (VKW) neu aufgelegt, für rund 25 € ist es erhältlich. Es ist ein 450 Seiten dickes Buch, enggeschrieben, wimmelt von lateinischen, griechischen und z.T. hebräischen Wörtern, aber es macht mir irre Spaß, darin in die Tiefen der Dogmatik einzutauchen. Hieraus habe ich dir einiges zum Bereich „Trinität“ abgelichtet und mit Kommentaren versehen. Lass mich bei Gelegenheit mal wissen, ob du dich mit dieser sehr gehobenen und auch alten Sprache anfreunden konntest.
Dein Ansgar